Dieses Mal nicht witzig. Das Lachen ist mir diese Woche vergangen. Denn „Fritze Merz“, wie Olaf Scholz seinen Konkurrenten zu nennen beliebt, hat dieses Mal nicht nur „Tünnkram“ gemacht, sondern auf ganzer Linie versagt; und zwar nicht, weil er einen härteren Kurs in der Migration fordert. Für den bin sogar ich mittlerweile – übrigens auch um der hier bereits lebenden Migranten willen. Wir sollten uns erst einmal angemessen um sie kümmern, statt uns mit einem weiteren allzu großen Zuzug zu überfordern.
Aber dass Merz mit seinem überstürzten Aktionismus die vielen nicht minder drängenderen Probleme dieses waidwund geriebenen Landes – in der Wirtschaft, in der Bildung, in der Infrastruktur, bei der Integrationspolitik – zugunsten des Mono-Themas Migration in den Hintergrund gedrängt ist, finde ich dramatisch. Migration ist nicht der alleinige Auslöser für die in Teilen desolate Lage in diesem Land.
Für zutiefst unmoralisch halte ich es aber, dass Merz der AfD die Möglichkeit eines politischen Triumphes verschafft hat, den sie bis zur Bundestagswahl ausgiebig feiern wird;
- einer Partei, deren Vorsitzende – übrigens Kanzlerkandidatin dieses Landes – Hitler als Kommunisten bezeichnet;
- einer Partei, dessen stellvertretender Fraktionsvorsitzender nach dem Abstimmungsergebnis am 29.1. bereits drohte „Jetzt beginnt etwas Neues. Und das führen wir an“;
- einer Partei mit einem Fraktionsvorsitzenden in Thüringen, der in seinem 2018 erschienenen Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ viel Furchteinflößendes und auf Seite 252 Folgendes geschrieben hat:
„Wenn alle Stricke reißen, ziehen wir uns wie einst die tapfer-fröhlichen Gallier in unsere ländlichen Refugien zurück und die neuen Römer, die in den verwahrlosten Städten residieren, können sich an den teutonischen Asterixen und Obelixen die Zähle ausbeißen! Wir Deutschen – zumindest die, die es noch sein wollen – sind dann zwar nur noch ein Volksstamm unter anderen. Die Re-Tribalisierung im Zuge des multikulturellen Umbaus wird aber so zu einer Auffangstellung und neuen Keimzelle des Volkers werden. Und eines Tage kann diese Auffangstellung eine Ausfallstellung werden, von der eine Rückeroberung ihren Ausgang nimmt.“
Ich kenne Friedrich Merz nicht, aber ich halte ihn weder für rechtsextrem, noch für völkisch gesinnt, ich halte ihn nicht einmal für einen extrem konservativen politischen Hardliner (das übernehmen in seiner Union schon die Populisten aus Bayern).
Aber ich frage mich, ob ein Politiker, dem die strategische Weitsicht gefehlt hat, zu erkennen, dass er den Rechtsextremen mit seinem Vorstoß eine Bühne für den großen Auftritt und eine unerträgliche Selbstinszenierung bereitet, der Richtige ist, um Kanzler dieses Landes zu werden.